Strafbefehl erhalten? 7 entscheidende Schritte, um sofort erfolgreich Einspruch einzulegen
Ein Strafbefehl im Briefkasten kann Ihr Leben auf den Kopf stellen – plötzlich stehen Sie als Beschuldigter da, ohne je vor einem Richter gestanden zu haben. Doch keine Panik: Sie haben das Recht, sich zu wehren! Jährlich werden in Deutschland über 550.000 Strafbefehle versandt, aber nur etwa 10% der Betroffenen legen Einspruch ein. Dabei können die Erfolgsaussichten überraschend gut sein. Dieser Ratgeber zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie innerhalb der kritischen 14-Tage-Frist richtig reagieren und Ihre Chancen auf einen erfolgreichen Einspruch maximieren. Erfahren Sie, welche häufigen Fehler Sie unbedingt vermeiden sollten und wie Sie Ihre Rechte effektiv wahrnehmen können – auch ohne teure Anwaltskosten fürchten zu müssen.
Was genau ist ein Strafbefehl?
Ein Strafbefehl ist ein behördliches Dokument, mit dem das Gericht ohne mündliche Verhandlung eine Strafe verhängt. Er funktioniert wie ein "Urteil ohne Hauptverhandlung" und wird bei leichten bis mittelschweren Vergehen eingesetzt. Typische Fälle umfassen:
Verkehrsdelikte (Fahren ohne Fahrerlaubnis, Unfallflucht)
Diebstahl geringwertiger Sachen
Betrug mit geringem Schaden
Körperverletzung ohne schwerwiegende Folgen
Beleidigung oder Bedrohung
Der Strafbefehl enthält immer:
Die Personalien des Beschuldigten
Die Tatvorwürfe mit genauer Beschreibung
Die angewandten Strafvorschriften
Die verhängten Rechtsfolgen (Geldstrafe, Bewährungsstrafe bis zu einem Jahr)
Rechtsmittelbelehrung mit Einspruchsfrist
Wichtig: Ein Strafbefehl wird rechtskräftig wie ein Urteil, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen Einspruch einlegen!
7 entscheidende Schritte zum erfolgreichen Einspruch
1. Sofort handeln – die 14-Tage-Frist ist unerbittlich
Nach Zustellung des Strafbefehls beginnt eine strikte 14-Tage-Frist. Diese Frist ist nicht verhandelbar und beginnt mit dem Tag nach der Zustellung. Versäumen Sie diese Frist, wird der Strafbefehl rechtskräftig – mit allen Konsequenzen.
Praxis-Tipp: Notieren Sie sich das Zustellungsdatum und den letzten Tag der Einspruchsfrist. Bei Postempfang gilt das Datum des Einwurfes, nicht wann Sie den Brief tatsächlich geöffnet haben.
2. Richtige Form des Einspruchs wählen
Der Einspruch muss schriftlich beim zuständigen Amtsgericht eingehen. Sie haben drei Möglichkeiten:
Schriftlicher Einspruch: Brief an das im Strafbefehl genannte Gericht
Persönlich zur Niederschrift: Beim Amtsgericht vor Ort erklären
Online-Einspruch: In einigen Bundesländern möglich (prüfen Sie die Webseite des Gerichts)
Ein einfacher Einspruch könnte lauten:
"Hiermit lege ich, [Ihr vollständiger Name], geboren am [Geburtsdatum], Einspruch gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts [Ort] vom [Datum], Aktenzeichen [Aktenzeichen], ein. [Ort, Datum, Unterschrift]"
Wichtig: Es reicht zunächst dieser einfache Einspruch ohne Begründung! Die Begründung können Sie später nachreichen.
3. Einspruch bestätigen lassen
Fordern Sie eine Eingangsbestätigung an oder senden Sie den Einspruch per Einschreiben mit Rückschein. Dokumentieren Sie genau, wann und wie Sie Ihren Einspruch eingereicht haben. Im Zweifel müssen Sie nachweisen können, dass der Einspruch fristgerecht eingegangen ist.
4. Akteneinsicht beantragen
Nach dem Einspruch haben Sie das Recht auf Akteneinsicht. Dieses Recht sollten Sie unbedingt nutzen, denn:
Sie erfahren die genauen Beweise gegen Sie
Sie können die Ermittlungsarbeit der Behörden prüfen
Sie entdecken möglicherweise Verfahrensfehler
Praxis-Tipp: Wenn Sie keinen Anwalt haben, können Sie beim Gericht persönlich Akteneinsicht nehmen oder schriftlich Kopien der Akten beantragen.
5. Rechtliche Unterstützung suchen
Bei Erhalt eines Strafbefehls ist professionelle Hilfe oft entscheidend. Eine Anwältin für Strafrecht kann:
Fehler im Strafbefehl identifizieren
Verfahrensmängel aufdecken
Die optimale Einspruchsstrategie entwickeln
Sie in der Hauptverhandlung vertreten
Kosten-Tipp: Bei geringem Einkommen haben Sie möglicherweise Anspruch auf Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe. Stellen Sie den Antrag frühzeitig beim Amtsgericht Ihres Wohnorts.
6. Einspruch strategisch beschränken
Ein kluger Schachzug kann die Beschränkung des Einspruchs sein. Sie können Ihren Einspruch auf:
nur die Rechtsfolgen (Höhe der Strafe)
nur bestimmte Anklagepunkte
nur einzelne Faktoren (z.B. Tagessatzhöhe)
beschränken. Dadurch vermeiden Sie möglicherweise eine vollständige Hauptverhandlung und konzentrieren sich auf die wichtigsten Aspekte.
7. Auf die Hauptverhandlung vorbereiten
Nach erfolgreichem Einspruch kommt es zur Hauptverhandlung. Hierauf sollten Sie sich gründlich vorbereiten:
Klare Strategie mit Ihrer Anwältin besprechen
Entlastungszeugen benennen
Beweismittel zusammenstellen
Eigene Aussage vorbereiten oder Schweigen planen
Risiko beachten: In der Hauptverhandlung kann theoretisch eine härtere Strafe verhängt werden als im Strafbefehl (Verbot der Schlechterstellung gilt nicht uneingeschränkt).
Häufig gestellte Fragen zum Strafbefehl-Einspruch
Kann ich meinen Einspruch zurückziehen?
Ja, Sie können Ihren Einspruch jederzeit bis zum Beginn der Hauptverhandlung zurückziehen. Der Strafbefehl wird dann in der ursprünglichen Form rechtskräftig. Dies kann sinnvoll sein, wenn Sie nach Akteneinsicht feststellen, dass Ihre Chancen gering sind.
Was passiert, wenn ich die Einspruchsfrist verpasse?
Versäumen Sie die 14-Tage-Frist, wird der Strafbefehl rechtskräftig wie ein Urteil. In besonderen Fällen ist eine "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" möglich, wenn Sie die Frist unverschuldet versäumt haben (z.B. längerer Krankenhausaufenthalt, Auslandsreise).
Wie hoch sind die Erfolgsaussichten eines Einspruchs?
Statistiken zeigen, dass etwa 35% aller Einsprüche zu einer Verbesserung für den Betroffenen führen – entweder durch Verfahrenseinstellung, Freispruch oder Strafmilderung. Besonders hoch sind die Chancen bei:
Fehlern im Strafbefehl
Ungenauen Tatbeschreibungen
Fragwürdiger Beweislage
Verfahrensfehlern
Kann ich trotz Einspruch eine Vorstrafe bekommen?
Ja, wenn am Ende des Verfahrens eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe steht, erfolgt ein Eintrag ins Bundeszentralregister. Bei geringeren Strafen bleibt Ihr Führungszeugnis sauber.
Fazit: Handeln Sie überlegt, aber schnell!
Ein Strafbefehl ist kein endgültiges Urteil, sondern eine Chance, Ihr Recht auf rechtliches Gehör wahrzunehmen. Die wichtigsten Punkte zum Mitnehmen:
Die 14-Tage-Frist ist unbedingt einzuhalten
Ein einfacher Einspruch ohne Begründung reicht zunächst aus
Nutzen Sie Ihr Recht auf Akteneinsicht
Ziehen Sie professionelle Unterstützung in Betracht
Ein strategisch beschränkter Einspruch kann vorteilhaft sein
Handeln Sie besonnen, aber zügig. Mit der richtigen Vorgehensweise können Sie unnötige Strafen vermeiden und Ihre Rechte effektiv verteidigen. Ein Strafbefehl ist kein Grund zur Verzweiflung, sondern der Beginn eines rechtlichen Verfahrens, in dem Sie aktiv mitwirken können.